Einvernehmliche Scheidung in Österreich
Viele Paare ringen sehr lange mit der Frage, ob sie sich scheiden lassen sollen. Sie versuchen vorher die Beziehung mit Paartherapie oder Mediation zu retten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Kinder von der Scheidung betroffen sind.
Als Eltern tun sie alles, um die Beziehung zu kitten bzw. zu verbessern. Umso bitterer ist es, wenn es nicht geklappt hat.
Trennungen & Scheidungen kosten viel Kraft und Geld
Die Mischung aus hohen Erwartungshaltungen und Enttäuschung machen Scheidungen zu einem hochemotionalen Arbeitsbereich für Anwälte, Mediatoren und Richter.
Auf psychologischer Ebene ist die Auswirkung von einer Scheidung vergleichbar mit dem Tod eines nahestehenden Angehörigen. Oft fühlen sich Scheidungen wie ein Scheitern oder Versagen an. Aufgrund der hohen Erwartungshaltungen an Beziehungen, dauert es lange bis die Scheidung „verkraftet“ bzw. „verdaut“ wird von beiden Seiten.
Die einvernehmliche Scheidung ist die günstigste und schnellste Form der Scheidung. Der Großteil der österreichischen Scheidungen erfolgt – oft unabhängig von der Vorgeschichte – einvernehmlich.
Durch diese Form der Scheidung werden die klassischen Rosenkriege vermieden. Außerdem werden durch die Erarbeitung gemeinsamer Lösungen die Kinder so wenig wie möglich durch die Scheidung und ihre Folgen belastet.
Wer hilft mir bei einer einvernehmlichen Scheidung? 3 Optionen
Sie haben hier 3 Optionen. Sie können sich von einer
- Anwältin oder einem Anwalt vertreten lassen (Option 1): Ihr Mann / ihre Frau wird dies dann sehr wahrscheinlich auch tun. Es folgen Stellungnahmen und Gegenstellungahmen der Anwälte und Anwältinnen. Dies ist bei den Kosten und der Dauer einer einvernehmlichen Scheidung zu berücksichtigen.
- Mediatorin oder einem Mediator (Option 2) bei der Erarbeitung einer einvernehmlichen Einigung zu den wichtigen Themen (z.B. Unterhalt, Kontaktrecht, Vermögensaufteilung) unterstützen & begleiten lassen (Option 2).
- Option 3: Sie können den Antrag auf eine einvernehmliche Scheidung selbst einbringen und sich mit ihrem Mann oder ihrer Frau ohne externe Hilfe einigen.
Option 1: Vor- und Nachteile einer Scheidung mit Anwalt / Anwältin
Ein Anwalt ist für mich wie ein Ritter in einer glänzenden Rüstung. Er/Sie kämpft für das Recht seiner Mandantin bzw. seines Mandanten. Bei strittigen Scheidungen geschieht dies oft wie in einem Rosenkrieg. Die Schriftsätze sind voll mit Vorwürfen. Die Vergangenheit wird aufgetischt, um die Verfehlungen der Gegenseite auf den Tisch zu legen. Nichts bleibt verborgen. Oft wird dabei viel Geschirr zerbrochen bzw. Vertrauen zerstört.
Ein Anwalt steht einem zur Seite und erkämpft für den Mandanten / die Mandantin das Optimum. Dieses Optimum ist oft ein Vergleich, d.h. die Anwälte beider Seiten einigen sich auf eine Regelung.
Die Vorteile einer anwaltlichen Unterstützung liegen darin, dass Sie sich selbst nicht bzw. wenig mit der Scheidung auseinandersetzen müssen. Die Nachteile sind die höheren Kosten und eine längere Verfahrensdauer durch Stellungnahmen und Gegenstellungnahmen.
Eine Alternative zu Option 1 besteht darin, dass Sie die einvernehmliche Scheidung mit einem Mediator oder einer Mediatorin erstellen. Dies kann gemeinsam erfolgen oder in Einzelsitzungen.
Option 2: Vor- und Nachteile einer einvernehmliche Scheidung mit Mediator / Mediatorin
Ein Mediator / eine Mediatorin ist dazu verpflichtet beide Eheleute gleich gut zu verstehen und zu unterstützen. Er/Sie unterstützt die Eheleute darin die notwendigen Regelungen selbst zu vereinbaren.
Die Kunst der Mediation liegt darin Regelungen zu finden, die für alle Beteiligten so optimal wie möglich sind.
Wann macht Mediation bei einer einvernehmlichen Scheidung einen Sinn?
- Ich möchte eine strittige Scheidung – einen Rosenkrieg – auf jeden Fall verhindern.
- Ich suche nach einer kostengünstigen Alternative zu einer Scheidung mit Anwälten
- Ich möchte sichergehen, dass wir beide nach der Scheidung auch noch miteinander sprechen können.
- Ich suche nach einer Lösung für uns und unsere Kinder, die flexibel ist und in der die Bedürfnisse der Kinder an erster Stelle stehen.
Vorteile einer Mediation
- Dauer des Verfahrens: Die Dauer der Verhandlungen haben Sie selbst im Griff. Statt langen Schriftsätzen zwischen ihren Anwälten vereinbaren Sie in Anwesenheit eines Mediators selbst die Regelungen der einvernehmlichen Scheidung.
- Geringere Kosten: Durch 1 Mediator statt 2 Anwälte halbieren sich die Kosten. Die Kosten sinken auch da es keine Schriftsätze, Stellungnahmen und Gegenstellungnahmen braucht in einer Mediation.
- Weniger Streit: In einer Mediation wird auch gestritten. Die Energie und der Fokus liegen dennoch auf den zu regelnden Themen der einvernehmlichen Scheidung und viel weniger auf den Geschehnissen der Vergangenheit.
Nachteile einer Mediation
Die Nachteile einer Mediation aus Sicht der Eheleute bestehen darin, dass beide an einer Einigung miteinander arbeiten und somit sich während der Mediation sehen. Gerade in einer Trennungs- und Scheidungssituation ist dies oft schmerzhaft für beide Seiten.
Option 3: Vor- und Nachteile einer einvernehmlichen Scheidung ohne Hilfe und Unterstützung
Sie können Ihren Antrag auf eine einvernehmliche Scheidung selbst ausfüllen und einbringen. Die Voraussetzung dafür ist, dass Sie sich mit Ihrem Mann / Ihrer Frau einig sind. Darüber hinaus müssen Sie miteinander in den Punkten, die zu regeln sind für eine einvernehmliche Scheidung miteinander Lösungen finden bzw. erarbeiten.
Sie bringen bei der mündlichen Verhandlung ihre Lösungen mündlich vor. Der Richter / die Richterin unterstützt sie dabei. Das Gericht protokolliert die Vereinbarung.
Wie läuft eine einvernehmliche Scheidung ab?
Vom Ablauf her, stellen Sie einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung bei Gericht. Das Formular dazu finden Sie am Ende des Artikels. Das Gericht übermittelt Ihnen dann einen Verhandlungstermin. Bei dem Termin müssen beide Eheleute erscheinen. Sie benötigen dazu keinen Anwalt. Sie sollten vor der Gerichtsverhandlung die Inhalte einer gemeinsamen Scheidungsvereinbarung miteinander festlegen.
Sie füllen einen Antrag aus. Diesen können Sie bei Gericht am Amtstag auch mündlich zu Protokoll geben bzw. schriftliche einreichen.
Also eigentlich alles ganz einfach? Eine einvernehmliche Scheidung kann nur dann erfolgen, wenn Sie sich einig sind mit ihrem Mann / ihrer Frau über die Scheidung und deren Folgen.
Persönliche und inhaltliche Voraussetzungen einer einvernehmlichen Scheidung
In allen 3 Optionen gibt es 3 Voraussetzungen dafür, dass Sie eine einvernehmliche Scheidung einreichen können bei Gericht:
- 6 Monate Trennung: Eine einvernehmliche Scheidung kann erst eingereicht werden bei Gericht, wenn Sie mindestens ein halbes Jahr getrennt sind. Sie müssen dafür nicht 6 Monate getrennt leben. Vielmehr muss es seit 6 Monaten eine emotionale Trennung geben.
- Sie sind sich beide einig, dass die Ehe unheilbar zerrüttet ist. Konkret bedeutet dies, dass Sie sich einig sind darüber, dass die Ehe nicht mehr fortgeführt werden soll.
- Es besteht eine inhaltliche Vereinbarung bzw. Einigung und Sie haben sich über die Folgen einer Scheidung informiert.
Worüber müssen wir uns bei einer einvernehmlichen Scheidung einigen?
Der Gesetzgeber sieht hier verschiedene Inhalte vor, die vorab geregelt werden müssen. Sie brauchen eine einvernehmliche Einigung über folgende Punkte:
- Unterhalt:
- Kindesunterhalt
- Ehegatten / Ehegattinen-Unterhalt (auch gegenseitige Ansprüche)
- Bei Kindern:
- Obsorge-Regelung für die gemeinsamen Kinder)
- Kontaktrechts-Regelung zu gemeinsamen Kindern
- Verpflichtende Eltern-Beratung zum Thema Folgen einer Scheidung
- Bei Vermögen:
- Regelung der Eigentumsverhältnisse (z.B. Haus, Hausrat, gemeinsame Anschaffungen).
Verpflichtende Elternberatung
Darüber hinaus sind Sie falls Sie minderjährigen Kinder haben dazu verpflichtet, sich einer Elternberatung zu unterziehen. Bei dieser Beratung geht es darum, dass sie über die spezifischen Bedürfnisse ihrer Kinder bzw. ihres Kindes beraten wurden. Dabei geht es um die Auswirkungen einer Scheidung auf Kinder und um deren Bedürfnisse.
Sie müssen sich die Elternberatung bescheinigen lassen. Eine Liste der Elternberater / Elternberaterinnen, die vor Gericht anerkannt wurden finden Sie hier: Liste der anerkannten Elternberaterinnen/Elternberater
Wichtig ist auch, dass Sie sich vorher darüber informiert haben, wie die rechtlichen Konsequenzen einer Scheidung aussehen.
Rechtliche Konsequenzen einer Scheidung
Folgende Themen sind hier zu berücksichtigen:
- Auswirkungen auf die eigene Position bzgl. der Sozialversicherung und der Pensionsversicherung nach der Scheidung.
- Anspruch auf eigenen Unterhalt
- Aufteilung des Besitzes:
- Eheliches Gebrauchsvermögen (Was wurde im Laufe der Ehe gemeinsam erwirtschaftet?)
- Ehewohnung
- Ersparnisse
- Schulden
Welche Unterlagen benötigen wir für unsere einvernehmliche Scheidung?
Sie können den Scheidungsantrag gemeinsam beim Bezirksgericht einreichen. Eine Vorlage bzw. ein Muster finden Sie im Anschluss an den Artikel. Darüber hinaus müssen Sie mehrere Originaldokumente mitnehmen.
Folgende Urkunden und Dokumente sind für eine einvernehmliche Scheidung erforderlich:
- Ein Staatsbürgerschaftsnachweis von beiden Eheleuten
- Die Heiratsurkunde
- Eine Meldebestätigung des Wohnsitzes
- Amtlicher Lichtbildausweis von beiden Eheleuten
- Bei gemeinsamen Kindern: Geburtsurkunden der Kinder
- Bei Vermögensaufteilung: Urkunden, die sich darauf beziehen. Dies kann ein Vertrag oder ein Grundbuchauszug sein.
- Bei Ehevertrag sollten Sie diesen auch mitbringen.
- Scheidungsvereinbarung
Welche Kosten entstehen bei durch eine einvernehmliche Scheidung vor Gericht?
Gemeinsam zu tragende Kosten:
Scheidungsantrag: 312 Euro
Vergleich: 312 Euro (Vergleich erfolgt in der Verhandlung)
Bei einer Eigentumsübertragung: zusätzlich 156 Euro bei einer Vereinbarung der Eigentumsübertragung
Bei einer Mediation: Mediationskosten (ca. ab 140 Euro pro Stunde) Ein Mediator bzw. eine Mediatorin begleitet und unterstützt beide Eheleute bei der Erstellung einer Scheidungsvereinbarung. Dies kann gemeinsam oder in Einzelsitzungen erfolgen.
Einzeln zu tragende Kosten
Bei Vertretung durch Rechtsanwalt: Ab 250 Euro pro Stunde für Ehemann und selbiges für Ehefrau
Gerichtsgebühren entfallen für den Fall, dass ihre Jahreseinkünfte den Betrag von 14.834 Euro netto nicht übersteigen und ihr Vermögen weniger als 4944 Euro beträgt. Es besteht auch die Möglichkeit Verfahrenshilfe zu beantragen.
Weiterführende Links, Informationen und Formulare
Antragsformular für eine einvernehmliche Scheidung: Einvernehmliche Scheidung − Antrag
Antragsformular für die Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft: Eingetragene Partnerschaft − Einvernehmliche Auflösung − Antrag
Liste der ankerkannten Elternberaterinnen / Elternberater: Liste der anerkannten Elternberaterinnen/Elternberater (Bundeskanzleramt − Familien und Jugend)
Informationen zur Elternberatung: Informationen zur Elternberatung (BMJ)
Rechtliche Grundlage der einvernehmlichen Scheidung: § 55a Ehegesetz (EheG)
Verfahrenshilfe: Verfahrenshilfe
Gratis Rechtsberatung: Gerichtstag, Anwaltskammer
Gratis Rechtsberatung:
Es gibt regelmäßig jede Woche einen Amtstag bei Gericht, an dem eine gratis Rechtsauskunft gegeben wird.
Amtstag Zeiten:
https://www.wien.gv.at/sozialinfo/content/de/10/InstitutionDetail.do?it_1=2097293 und https://www.justiz.gv.at/bg-innere-stadt-wien/bezirksgericht-innere-stadt-wien.2a1.de.html (Beispiel Wien). Österreichweit ist der Amtstag oft der Dienstag Vormittag. Meistens wird vorab eine telefonsiche Terminvereinbarung gewünscht.
Auskunfsstelle laut Justizministerium: https://www.oesterreich.gv.at/themen/dokumente_und_recht/buergerservice_rechtsauskuenfte/Seite.980300.html#Amtst